Campingurlaub trotz Mobilitätseinschränkung? Zumindest in Deutschland ist das längst kein Ding der Unmöglichkeit mehr, denn immer mehr Campingplätze stellen sich auf Gäste mit besonderen Bedürfnissen ein und bauen unnötige Barrieren ab. Einige der schönsten Möglichkeiten für die bald beginnende Saison stellt die Arbeitsgemeinschaft Leichter Reisen vor, die sich seit 2008 für barrierefreien Tourismus engagiert. Diesmal im Fokus: die Vorreiterregionen Ruppiner, Lausitzer und Fränkisches Seenland mit ihren naturnahen Plätzen direkt am Wasser.
Ruppiner Seenland: kleine Campingplätze mit Charme
Mit mehr als 300 Seen und 2000 Kilometern Wasserwegen ist das Ruppiner Seenland nördlich von Berlin ein Paradies für Bootsfahrer und Badeurlauber. Inmitten der einzigartigen Naturlandschaft, direkt am Stolpsee, liegt der Campingpark Himmelpfort im gleichnamigen Ortsteil von Fürstenberg. Auf der Anlage, die ab April öffnet, stehen 100 Stellplätze für Wohnmobilisten bereit, darunter auch einige mit traumhaftem Seeblick. An Rollstuhlfahrer ist mit einer leicht zugänglichen Dusche mit WC gedacht. Vom Platz sind es nur wenige Meter zum stufenlos zugänglichen Sandstrand mit Liegewiese. Auch das zur Anlage gehörende Restaurant ist über eine Rampe mit dem Rollstuhl erreichbar.
Das beschauliche Himmelpfort, auf einer Landzunge liegend, umgeben von vier Seen, ist bekannt für sein Weihnachtspostamt, das alljährlich im Advent Wunschzettel von Kindern beantwortet. Von Mai bis September macht das Fahrgastschiff „Möwe“ Station im Ort und nimmt Gäste mit zu Rundfahrten auf den Seen in Brandenburg und der Havel. Über eine mobile Rampe gelangen Rollifahrer ins Innere. Spannende barrierefreie Ausflugsziele in der Region sind das Glasmacherhaus Neuglobsow und der Ziegeleipark Mildenberg.
Weiter westlich, nahe Rheinsberg, befindet sich der barrierefreie Campingplatz Am Reiherholz. Inmitten eines Kiefernwaldes genießen Menschen mit und ohne Mobilitätseinschränkungen vor allem die Ruhe oder unternehmen Ausflüge nach Rheinsberg zum Schloss, zum Kurt-Tucholsky-Literaturmuseum und zur Reederei Halbeck, die barrierefreie Touren mit dem Fahrgastschiff anbietet. In Neuruppin heißt der Campingplatz Am Forsthaus Rottstielfließ Gäste auch im Rollstuhl willkommen. Am Tornowsee im Naturpark Stechlin-Ruppiner Land gelegen, bietet die Viersterneanlage ebenfalls Ruhe und Entspannung für alle.
Lausitzer Seenland: Sternecamping mit Komfort
Südlich von Berlin wächst Europas größte künstliche Wasserlandschaft heran: das Lausitzer Seenland in Sachsen. Durch Flutung von ehemaligen Tagebauen entstehen Seen mit Häfen, Stränden und Radwegen. Schon jetzt laden sechs barrierefreie Campingplätze zum naturnahen Urlaub ein. Zu den besten in Deutschland gehört der Fünf-Sterne-Platz Komfortcamping Senftenberger See, der ab 1. April in die Saison startet. Die parkähnlich gestaltete Anlage verfügt über ein barrierefreies Sanitärgebäude, eine zugängliche Sauna sowie Rezeption.
Am Campingplatz führt der 18 Kilometer lange Radrundweg um den See vorbei, der auch für Handbiker geeignet ist. Handbikes und Rollfiets verleiht Iba-aktiv-tours im Familienpark in der Nähe. Am modernen Stadthafen startet das barrierefreie Fahrgastschiff „Aqua Phönix“, ein Solarkatamaran, zu entspannten Touren auf dem Senftenberger und Geierswalder See. Sportbegeisterte mit und ohne Handicap leihen sich im Hafencamp Kanus sowie Motor- oder Segelboote. Über einen Lift gelangen auch Menschen mit Mobilitätseinschränkungen bequem ins Boot.
Westlich vom Senftenberger See liegt Grünewalde, ein idyllischer Ortsteil der Kunstgussstadt Lauchhammer. Zwischen märchenhaften Kiefern- und Mischwäldern befindet sich die barrierefreie Anlage Themencamping Grünewalder Lauch am gleichnamigen See. Am 31. März 2023 ist Saisonstart. Neben Stellplätzen für Wohnmobile und Zelte können auch barrierefreie Ferienwohnungen gebucht werden. Für Menschen im Rollstuhl ist ein barrierefreies Bad vorhanden. Um zum Strand oder zum Waldweg zu gelangen, wird eine Begleitperson empfohlen. Zu den eindrücklichsten barrierefreien Ausflugszielen in der Nähe gehört das Besucherbergwerk F60, eine 11 000 Tonnen schwere Abraumförderbrücke.
Fränkisches Seenland: moderne Campingplätze am Wasser
Im Süden von Deutschland lädt das Fränkische Seenland bei Nürnberg zum barrierefreien Campingurlaub am Wasser ein. Es ist, wie das Lausitzer Seenland, ein noch junges Reiseziel in Bayern. Erst vor etwa 50 Jahren beschloss die Landesregierung in der ländlichen Region Stauseen zu bauen, um den regenarmen Norden Bayerns mit Wasser zu versorgen. Heute genießen Urlaubsgäste an sieben Seen das maritime Flair.
Bereits am 1. März eröffnet der Platz Seecamping Langlau am Ufer des Kleinen Brombachsees die Saison. Die 450 Stellplätze umfassende Anlage bietet neben modernen, barrierefreien Sanitärgebäuden auch einen für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen zugänglichen Laden mit Café. An den Platz schließt sich das Seezentrum Langlau mit feinem Sandstrand an. Ins Wasser gelangen Rollifahrer über eine Baderampe. Auf der gegenüberliegenden Badehalbinsel Absberg verleiht das SAN-shine-Camp Strandrollstühle, die im Wasser schwimmen und leitet Interessierte mit und ohne Einschränkungen zum Bogenschießen an.
Ein paar Wochen später, Ende März, startet auch der Altmühlsee Camping Herzog in Schlungenhof am Altmühlsee in die Saison. Der familiengeführte Platz hält für Rollstuhlfahrer eine barrierefreie Sanitäranlage bereit. Auch Lebensmittelmarkt sowie ein Restaurant sind gut berollbar. Zum zugänglichen Badestrand sind es nur 200 Meter, fünf Kilometer weiter stellt das Seezentrum Wald zudem Strandrollstühle zum Verleih bereit.
An den beiden Campingplätzen führen aussichtsreiche Handbiketouren vorbei: die neun Kilometer lange Strecke um den Kleinen Brombachsee und die 13 Kilometer lange Strecke um den Altmühlsee mit Abstecher zur Vogelinsel, ein sehenswertes Biotop für 300 verschiedene Vogelarten.