Ausflugstipp für den Sommer 2023: Barrierefreie Gartenkunst entdecken

„Gott der Allmächtige pflanzte zuerst einen Garten, und das ist in der Tat die reinste aller menschlichen Freuden“, stellte der Philosoph Francis Bacon bereits im 17. Jahrhundert Gärten und Parks, diese gepflegten und geordneten Miniaturlandschaften, trösten, beruhigen und inspirieren mit ihrer friedlichen Schönheit zu allen Zeiten. Gerade Menschen mit Behinderungen, deren Alltag oft zusätzliche Herausforderungen mit sich bringt, profitieren von Aufenthalten in diesen grünen Oasen. Die Arbeitsgemeinschaft Leichter Reisen, die sich in Deutschland für einen barrierefreien Tourismus einsetzt, stellt für diesen Sommer einige der schönsten barrierefreien Gartenreiche vor.

Einer der wohl außergewöhnlichsten Gärten ist der Landschaftstherapeutische Park Römerkessel in Bad Bertrich in der Eifel in Rheinland-Pfalz. Er ist der erste seiner Art in Europa, ein Park, der seinen Besuchern helfen soll, ihre seelische Gesundheit zu stärken. Die Idee stammt von dem Münchner Psychologen Reinhard Schober, der sich auf Landschaftstherapie spezialisiert hat.

In sieben Themengärten, darunter ein Kräutergarten, ein Lavagarten und ein Entspannungsgarten, erleben die Besucher die heilende Kraft der Natur. Dabei wirkt jeder Garten anders: mal beruhigend, mal belebend, mal aufbauend, mal beglückend. Sinnsprüche auf Bänken geben Denkanstöße. Der nach „Reisen für Alle“ zertifizierte Park ist mit dem Rollstuhl gut befahrbar, Menschen mit Sehbehinderungen können Assistenzhunde mitbringen.

Ein Musterbeispiel für Barrierefreiheit findet sich weiter im Norden der Republik. Der nach „Reisen für Alle“ zertifizierte Park der Gärten in Bad Zwischenahn hat sich „Erlebnis für 100 Prozent der Gäste“ auf die Fahnen geschrieben. Rollstuhlfahrer finden in Deutschlands größtem Mustergarten ebene Wege, Blinde Informationen in Brailleschrift, Gehörlose und Schwerhörige Multimedia-Guides.

Nach Voranmeldung gibt es spezielle Führungen für die verschiedenen Zielgruppen - auch in Gebärdensprache. Neben 90 Mustergärten sprechen Duftorgel, Blindenbrunnen und Tanzglockenspiel die Sinne an. Ein sommerliches Highlight ist die Illumination, die den Park vom 12. August bis 13. September 2023 abends in ein zauberhaftes Licht hüllt.

Nur vier Kilometer entfernt lädt der Kurpark von Bad Zwischenahn am Zwischenahner Meer in Niedersachsen zu einem Spaziergang ein. Ab Mai verwandeln blühende Rhododendren die weitläufige Anlage in ein violett-weiß-rosa Blütenmeer. Das Besondere: Auf der Freilichtbühne finden im Sommer Kurkonzerte, Musikfestivals und Rock & Roll Shows statt. Der Park ist für Rollstuhlfahrer gut zugänglich, auch Blindenhunde sind hier willkommen.

Ebenfalls in Ostfriesland liegt Deutschlands größter Rhododendronpark: der barrierefreie Rhododendronpark Hobbie in Westerstede. Bis in den Juni hinein ist die farbenprächtige Blütenpracht der bis zu zehn Meter hohen und bis zu 90 Jahre alten Rhododendren zu bewundern. Ein zweieinhalb Kilometer langer Rundweg ist gut mit dem Rollstuhl befahrbar. Für Geh- und Sehbehinderte werden spezielle Führungen angeboten.

Mehr als Gartenkunst bietet der rollstuhlgerechte Elbauenpark in Magdeburg im Bundesland Sachsen-Anhalt. Die einst für die Bundesgartenschau 1999 angelegte Anlage in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt ist grüne Oase und Freizeitpark in einem. Gartenliebhaber finden 15 Themengärten sowie Blumenschauen mit Dahlien, Löwenmäulchen, Ringelblumen und Petunien. Familien erkunden das Damwildgehege, das Schmetterlingshaus oder den Irrgarten. Der Elbauenexpress, eine kleine Parkbahn, die auch Rollstuhlfahrer mitnimmt, verschafft einen guten Überblick über die weitläufige Anlage.

Auf der Seebühne sorgen im Sommer bekannte Künstler wie Karat, Olaf Schubert oder TV-Koch Steffen Henssler für Unterhaltung. Und im Jahrtausendturm tauchen die Gäste in 6.000 Jahre Menschheits- und Technikgeschichte ein. Jeden Freitag, am Seniorentag, erhalten Besucher ab 65 Jahren eine kostenlose Führung.

Auch im Ruppiner Seenland im Osten des Landes in Brandenburg sorgte eine Gartenschau für neue Impulse. Der Schlosspark Oranienburg, bereits im 17. Jahrhundert im Auftrag der Kurfürstin Louise Henriette als Lustgarten angelegt, wurde für die Landesgartenschau 2009 kreativ umgestaltet. Entstanden ist eine faszinierende Komposition aus barocker Landschaftskunst und modernen Themengärten. Im Sommer blühen hier Lavendel, Phlox, Hemerocallis, Rosen und Steppensalbei. Die ebenen Wege sind für Rollstuhlfahrer gut befahrbar. Höhepunkte sind das Picknick in Weiß am 5. Juli und die Schlossparknacht am 19. August 2023.

Auf eine fast ebenso lange Geschichte kann der Tempelgarten in Neuruppin zurückblicken. Kronprinz Friedrich ließ ihn im 18. Jahrhundert als Nutzgarten für den Anbau von Spargel, Melonen, Weintrauben und Kirschen anlegen. Wenig später fügte der Kunstliebhaber einen Apollo-Tempel hinzu, um mit Freunden zu philosophieren und zu musizieren. Bis heute ist der Tempelgarten ein Ort für Lesungen, Konzerte und barocke Feste. Für Menschen mit Sehbehinderungen bietet der Garten am Eingang ein bronzenes Tastmodell zur besseren Orientierung. Die Wege sind für Rollstuhlfahrer gut befahrbar.

Ein außergewöhnlicher Ort der Begegnung entsteht 2019 in Lindow. Der Garten des Buches auf dem Gelände eines Klosters ist der erste jüdisch-christlich-muslimische Lehr- und Schaugarten in Deutschland. Insgesamt sind rund 70 Pflanzenarten aus dem Tanach, der Bibel und dem Koran in einem rollstuhlgerechten Labyrinth angeordnet. So wachsen neben Apfel- und Mandelbäumen auch Zedern. Für Sehbehinderte gibt es eine Beschilderung mit Pflanzenreliefs und Blindenschrift.

Barrierefreien Parks und Gärten in der Übersicht

Eifel

• Landschaftstherapeutischer Park Römerkessel

Ostfriesland

• Park der Gärten
• Kurpark Bad Zwischenahn
• Rhododendronpark Hobbie

Magdeburg

• Elbauenpark

Ruppiner Seenland

• Schlosspark Oranienburg
• Tempelgarten
• Garten des Buches

Weitere barrierefreie Parks und Gärten präsentiert die Arbeitsgemeinschaft Leichter Reisen auf ihrer Webseite www.leichter-reisen.info.